Isfahan

Auch Isfahan, wie z.B. Istanbul, ist eine Stadt, die von Sehenswürdigkeiten nur so strotzt. Wenn man sie sich genauer anschauen möchte, braucht man sicherlich eine Woche oder mehr. Deshalb habe ich mir nur ein paar dieser sehenswerten Orte ausgesucht, die ich heute besuchen wollte. Als erstes bin ich noch einmal zum Imam-Platz, der mit seinen Abmessungen von 510 Meter mal 160 Meter gewaltige Ausmaße hat und nach dem chinesischen Tiananmen-Platz der zweitgrößte öffentliche Platz dieser Art ist. Früher wurde er nicht nur für Paraden und Versammlungen genutzt, sondern es wurde auf ihm auch Polo gespielt, welches die Herrscher von der großen Terrasse des angrenzenden Ali-Qapu-Palastes beobachten konnten. Die Torsäulen für diese Polospiele stehen übrigens noch heute an ihrem Ort.

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Dann habe ich mir die Imam- oder auch Jame-Abassi-Moschee am Südende des Platzes angesehen ( Eintritt: 150.000 Rial oder 15.000 Tuman oder ca. 4 Euro im Moment 😉 ) Sie wird als einer der Meisterstücke islamischer Baukunst eingestuft, was ich nach meiner laienhaften Meinung nur bestätigen kann. Besonders die Akustik in einem ihrer Haupträume ist mir neben den unheimlich schönen Fliesenornamenten aufgefallen. Aus einer Reisegruppe stellte sich ein ca. 12 jähriger Junge in die Mitte diese Raumes und „sang“ vermutlich einen Koranvers. Dies wurde von der Decke des Raumes mit einem Echo zurückgegeben, wie ich es noch nie erlebt habe. Echt beeindruckend und sehr zu Herzen gehend diese kurze Vorstellung.

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Anschließend habe ich mir noch den großen Basar angeschaut, dessen Eingang sich an der Nordseite des Komplexes befindet. Neben natürlich einigem etwas touristisch angehauchten Dingen findet man hier aber auch viele Sachen des täglichen Bedarfs, wie z.B. Gewürze, Kochgeschirr oder auch meterweise Stoff der ebenfalls in dem Gebäudekomplex untergebrachten Tuchdrucker. Man muss bloß ein wenig aufpassen, dass man sich nicht zu sehr verläuft. Als ich wieder auf dem Hauptplatz angelangt bin, spricht mich ein etwa 70 jähriger Herr auf deutsch an, er lehrt an der hiesigen Universität iranische Literatur. Nachdem man sich ein wenig ausgetauscht hat, woher ich komme, was ich hier tue und warum er so gut deutsch spricht, lädt er mich ein mir ein paar Dinge im Basar zu zeigen. Als erstes gehen wir zu einer Gewürzmühle, wo die Frau des netten Herrn immer ihre Gewürze kauft. Ich wäre an der unscheinbaren Tür hier sicherlich einfach vorbei gelaufen. Zuerst wird mir ein uralter Mühlstein gezeigt, der normalerweise von einem Kamel betrieben wird. Leider scheint das Kamel gerade im Sommerurlaub zu sein 😉 . Dann zeigt mir der Besitzer der Mühle wie man aus sieben verschieden Gewürzen Curry herstellt. Und ich muss natürlich einige seiner Gewürze und Mischungen riechen aber auch probieren. Echt erstaunlich… Zum Abschluss darf ich dann noch kurz auf dem Hinterhof über eine Leiter auf die alten Gewölbedächer dieser Gebäude steigen, um sie mir anzuschauen und ein paar Fotos zu machen. Denn eigentlich ist das verboten. Als nächstes besuchen wir eine Tuchdruckerei. Hier arbeiten der 80 jährige Besitzer und seine drei Söhne ( auch schon ca. 60 Jahre ) wie schon seit Jahrhunderten mit Stempeln aus Birnenholz und bedrucken Stoffe damit mit traditionellen Mustern. Ich werde auf einen Tee eingeladen und schon in ein Gespräch verwickelt was wiederum sehr interessant und aufschlussreich ist. Wir haben sicherlich eine gute Stunde dort gesessen, den Herren bei der Arbeit zugesehen und über Gott und die Welt geredet. Unheimlich offen und herzlich die Leute hier Fremden gegenüber.


Dann haben wir nach einem kleinen Umweg über eine alte Karawanserei noch in einem Geschäft halt gemacht bei einem Herrn der Intarsienarbeiten aus Kamelknochen und Messing herstellt und diese unter anderem seit zwanzig Jahren an ein Geschäft in irgendeiner bayrischen Kleinstadt liefert. Auch sehr interessant. Dann musste ich bei einem weiteren Tee schon fast Gewalt anwenden um dem netten Herrn klarzumachen, dass ich noch ein wenig weiter wollte. Er hatte zwischenzeitlich schon seine Frau angerufen und uns zum Essen angekündigt. Ich hätte sicherlich mit ihm die nächsten 3 Tage Isfahan besichtigen können; alles unheimlich lieb gemeint, aber für mich normalen Mitteleuropäer doch noch etwas ungewohnt. Nach dem Versprechen, dass man das irgendwann nachholt, ging dann jeder seiner Wege. Ich finde es immer wieder erstaunlich wie gastfreundlich die Leute hier sind, wie offen und interessiert Fremden gegenüber und ich würde mir wünschen, dass viel mehr Deutsche mal hierhin reisen, um das einmal hautnah zu erleben.


Dann habe ich mir auf de anderen Seite der Pol Si-o-se-Brücke ein Hotel gesucht, denn ich benötigte dringend mal wieder eine Dusche. Am Abend habe ich dann noch ein paar Reisemitbringsel besorgt ( Golab = Rosenwasser 😉 ), noch einmal iranisch gegessen, diesmal ein Fladengericht mit auf offenem Feuer gebratenen Hackspießen und Tomaten. Auf die Hackspieße musste nach Ansicht des netten Kellners unbedingt frischgepresster Limettensaft, sonst hätte ich diese nicht essen dürfen 😉 Gestern Abend gab es übrigens Beryan, ähnlich aber doch anders. Und so ging ein unheimlich interessanter Tag zu Ende, voller neuer Eindrücke aber auch echt müde und erschöpft bin ich dann in mein Hotelbett gefallen.
IMG_8302Und so geht nun langsam zumindest dieser Teil meiner langen Reise zu Ende. Ich werde morgen nach Hamadad der Grabstätte von Ibn Sina fahren und von da aus dann langsam den Heimweg antreten, dieses dann aber etwas entspannter. Die drei Wochen dauernde Reise war so überhäuft von Eindrücken, die wollen erst einmal verarbeitet werden. Und wie würde die Tochter meines Lieblingsweibes sagen: 3 Wochen alte Steine gucken ist dann auch irgendwann mal genug 😉

gefahrene Kilometer: 2 km gesamt: 8935 km

5 Antworten

  1. Mausi sagt:

    Stimmt!
    Recht hat das Kind!

    Bring‘ uns auf dem Rückweg einfach ein Eis mit, wo Du schon mal unterwegs bist 😀

    Mausi

  2. Robert sagt:

    Hey Ralf, was ein geiles Projekt. Ich habe den „Medicus“ gerade zum zweiten Mal als ungekürztes Hörbuch gehört und diese Geschichte ist eine der Schönsten, die mir je untergekommen sind.

    Mit dem Abreisen der Route hast Du eine Sehnsucht gestillt, die auch in mir gewachsen ist. Die Homepage ist der Hammer. Danke! Lebe Deine Träume auch weiterhin so beeindruckend. Chapeau!

  3. Lara sagt:

    Lese gerade den Medicus zum ersten Mal. Klasse, dass du das gemacht hast! Respekt und Danke, dass du „uns“ hier hast teilhaben lassen (rückwirkend). Klasse!

  4. Ramona sagt:

    Ich bin begeistert und absolut beeindruckt von der Idee, dem Reisebericht und dieser Seite insgesamt.
    Ich höre gerade das Buch abwechselnd englisch und deutsch, um meine Sprachkenntnisse aufzufrischen. Dabei spürte ich auch das Verlangen, die Reiseroute nachzusehen und bin auf dieser Seite gelandet. Spitzenklasse!

  5. Luis Schwarz sagt:

    Hallo und vielen Dank für den Ihren Post!
    Ausgezeichnet Blog.

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